Hurra! Die Schule brennt
Zum achten Mal in meiner Laufbahn rappelte mein Melder. Ich war gerade 18 Jahre jung, wenige Monate vor dem Abitur, soeben nach einem anstrengenden Schultag aus der Schule zurückgekehrt und saß am Küchentisch und aß mein wohlverdientes Mittagessen. Wie immer nichts ahnend fiel ich aus allen Wolken als es mal wieder losging. Ich habe bereits in den vorherigen Berichten so detailliert die Auslösung des Melders und meine Reaktionen darauf beschrieben, dass ich es mal hierbei belasse. Denn diesmal liegt der Schwerpunkt eher am Ende des Berichtes, denn diesmal war es kein Fehlalarm. Richtig gehört.
Das wusste ich natürlich anfangs nicht, aber der Alarmtext auf dem blauen Display ließ wenig Raum für Fantasie: „Zimmerbrand Grundschule […] Feuer in der Jungentoilette“. Das klang plausibel. Also fuhr ich mit Vollgas, selbstverständlich unter gebührender Rücksicht auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung, zum Gerätehaus, zog mich um und setzte mich auf das Tanklöschfahrzeug. Dort rüsteten sich bereits zwei Atemschutzgeräteträger mit Masken und Flaschen aus, denen ich beim Anlegen der Geräte half. Wie vielerorts üblich lag die Grundschule weniger als einen Steinwurf vom Feuerwehrgerätehaus entfernt. Deshalb dauerte die Einsatzfahrt nur knappe 20 Sekunden, die der Maschinist genüsslich in einer ausgedehnten Rechtskurve mit Trompeten und Fanfaren vollzog, während wir in der Kabine versuchten uns irgendwo festzuhalten.
Das Fahrzeug stand auf dem Schulhof vor den Toilettenräumen, wir warteten auf Befehle. Vor Ort roch es nach Qualm, mehr aber erst mal nicht. Ein kurzes Absacken meiner Mundwinkel wurde durch den Ruf: „Absitzen! Angriffstrupp mit C-Rohr vor!“ unterbrochen. Ja, die Schule brannte! Zwar zwar bis zwölf Jahre später als man es sich als siebenjähriger, laufender Meter vielleicht gewünscht hätte, aber egal. Heute lagen die Prioritäten anders. Das Feuer musste aus! Also machten wir einen Schlauch mit Strahlrohr bereit, der Angriffstrupp schloss die Lungenautomaten an die Masken an und öffnete vorsichtig die Tür. Augenblicklich drang dichter, schwarzer Rauch nach draußen. Beide gingen in die Hocke und rückten langsam in das Gebäude vor. Alles, was man nun von dem Trupp mitbekam, waren die rauschenden Funkspruchfetzen, die gelegentlich über das Funkgerät hereinrieselten. Währenddessen wurde ich mit einem Kameraden auf die Rückseite des Gebäudes beordert. Unser Auftrag lautete, dort die offenstehenden Fenster abzusichern. Für uns hieß das, mal zu schauen, wie die Rückseite aussah. Wir hatten nämlich weder Strahlrohr noch Feuerlöscher oder irgendwas anderes dabei. Gleichzeitig traf das Löschfahrzeug aus dem anderen Ortsteil auf der Seite ein, die wir beobachten sollten, und wir bauten gemeinsam eine Wasserversorgung auf, um im Notfall von dort aus eingreifen zu können. Das dauerte fünf bis zehn Minuten vielleicht, ich weiß es nicht genau. Während ich am Hydranten stand, wurde ich von den umherstehenden Grundschulkindern gut unterhalten und mit Fragen gelöchert.
Noch immer war der Trupp im Innenangriff, noch immer dran schwarzer, dichter Rauch aus den Ritzen von Tür und Fenstern. Jetzt rächte sich die Nähe des Feuerwehrgerätehauses zur Einsatzstelle an mir: Der Einsatzleiter beauftragte mich, Funkgeräte zu holen, damit wir von der Gebäuderückseite aus Funkkontakt halten konnten. Also begab ich mich fußläufig zum Gerätehaus, plünderte die dort geparkten Fahrzeuge, rüstete mich mit allem aus, was eine Antenne hatte und rannte wieder zurück.
Schließlich ertönte durch ein Funkgerät der Ruf: „Feuer aus!“. Wir bauten alles zurück, besichtigten die Einsatzstelle und traten den Rückmarsch an. Die Polizei kümmerte sich um alles Weitere.
Spannend! Erinnert mich an die Stunden des Fehl- oder Probealarms, als die Schule zu einer endlosen Schlange auf dem Gehweg wurde. Ob Spinnennetz oder heimliche Raucher auf den Toiletten, es war immer aufregend. Die Schüler haben euren Einsatz sicher bis heute nicht vergessen.