Mein erster Einsatz in der Freiwilligen Feuerwehr
An dieser Stelle beginnt die Action. Fast. Es ist der Tag, auf den man all die Zeit in Jugendfeuerwehr und Grundausbildung hingearbeitet hat. Dieser eine Tag – bei mir zufällig exakt 4 Jahre nach meiner Aufnahme in die Jugendfeuerwehr -, an dem sich endlich der Einheitsführer mit hoch rotem Kopf aus seinem Geländewagen rollt und unter seinem Arm einen digitalen Funkmeldeempfänger trägt.
Die Teile wiegen gut 200 Gramm, sind schwarz oder grau, eckig und passen hervorrang an den Gürtel oder weniger gut in die Hosentasche. Sie können im Grunde nichts, außer, dass man einen Wecker stellen und einen Alarmton wählen könnte. Was sie aber wirklich können ist Piepen. Daher ihrer Name „Pieper“. Man geht schließlich nicht zur Feuerwehr, um vier Jahre lang Eishallen, Minigolfanlagen und Bastelabende zu besuchen oder über 160 Stunden Freizeit im Schulungsraum oder bei Mittagssonne unter Schutzkleidung schwitzend in irgendeinem Gewerbegebiet zu verbringen. Schließlich führt doch alles zum ersten Einsatz. Und ohne Melder am Gürtel, kann man auf diesen lange warten.
40 Tage und 40 Nächte
Gut. Eigentlich waren es nur 18 Tage und 17 Nächte. Da endlich kam der erste Alarm. Ich war nur leider nicht zugegen, sondern hunderte Kilometer entfernt am anderen Ende Europas und machte Urlaub. Super.
Da hört man sich doch gerne die Berichte der gleichaltrigen Kameraden an, die aus dem heroischen Kampfe gegen die Gefahr mit Tapferkeitsauszeichnung zurückkehrten, während man selbst in Italien den Vesuv erkundet. Der Einsatz entpuppte sich übrigens als ein monströser Heckenbrand, der sich über sage und schreibe 5 x 10-3 Kilometer(!) erstreckte. Also ziemlich genau fünf Meter. Immerhin. Das wäre meine Feuertaufe gewesen.
Mein erster Einsatz
Und während man so gemütlich den ersten Tag wieder in der Heimat, zurück aus dem Urlaub, damit verbringt, sich Nachrichten-technisch wieder auf den Stand der Dinge zu bringen, sitzt man gerade gemütlich im Stuhl seines Schreibtisches als aus der letzten Ecke des Raumen zum ersten Mal ein sonderbar blaues Licht und ein ohrenbetäubendes Baa-Piep! Baa-Piep! Baa-Piep! donnert.
Es dauerte eine Weile, bis ich endlich realisierte, dass dieses Gewitter nicht natürlichen Ursprunges sein konnte, sondern vom Melder im Ladegerät ausging. Es folgte eine kurze innere Verwirrung, dann endlich die Erkenntnis: Erster Einsatz. Oha!
Also hin zum Melder, ein Auge drauf geworfen: Vollalarm – Brandmeldeanlage. Erster Gedanke: „Ist sowieso Fehlalarm“. Beim ersten Einsatz kann man sich wohl kaum einen alten Hasen nennen, der schon weiß, was Sache ist. Aber wenn man in der Grundausbildung eines gelernt hat, dann dass Brandmeldeanlagen ein Synonym für Fehlalarme sind. Aber wie kann man sich da sicher sein? Also geht es los, die Treppe runter in den ersten Stock, Vater: „Ich fahre dich!“. Meinetwegen (denn er ist nicht in der Probezeit, darf also ungestraft die Schallmauer durchbrechen). Ich hatte zuvor für meine Anfahrt immer gut 150 Sekunden berechnet, er schaffte es in knapp 120, hervorragend. Alle Fahrzeuge standen noch im Gerätehaus. Das Flakschiff, das Tanklöschfahrzeug (kurz TLF), war schon gehörig am Schnauben, aber es blieben noch 25 Sekunden Zeit, schätzte ich. Also wollte ich mich schnell umziehen, doch hingen an meinem Haken plötzlich Kleidungsstücke der Jugendfeuerwehr. Wo war meine Kleidung? Und warum waren sie ausgerechnet beim ersten, verdammten Einsatz nicht zur Stelle, wenn man sie brauchte? Hatte ich sie zum Waschen mit nach Hause genommen? Nein. Suchen. Tick-Tack. Das TLF schnaubte und spuckte – quasi – Feuer. Die Mannschaft wartete, ich war aufgrund meiner langen Anfahrtszeit der letzte im Gerätehaus. Kleidung zehn Haken weiter gefunden, Hosen beim Anziehen verhakt, zu lange gebraucht. Schließlich geschafft, Helm und Jacke in der Hand im Sprint in Richtung TLF. Doch zu spät. Mit Blaulicht und Horn donnert das Schiff auf die Straße und ich schaue blöd aus der Wäsche. Egal, abwarten. Bei Vollalarm dürfte noch jemand kommen, dachte ich, doch es kam keiner. Sollte ich allein im Bulli hinterherfahren? Nein. Warten. Schließlich kommt mein Löschzugführer um die Ecke, fragt nach einer Rückmeldung – Negativ. „Dann fahren wir mal hinterher“. Wir kamen bis auf den Hof vor dem Gerätehaus, da rauscht es im Funk „Keine weiteren Kräfte erforderlich – Fehlalarm“. Also Kommando zurück. Einsatzende.
War jetzt nicht der Knüller, kein Feuer, keine Explosionen. Aber für den ersten Einsatz gut. Jetzt weiß ich, wo meine Klamotten neuerdings hängen und wie es so am Gerätehaus läuft, wenn die Alarmglocken klingeln.